Interview-Serie “5 Fragen an…”

Bruno Marti, EVP Brand Marketing für die 25hours Hotels und die SO/ Hotels & Resorts bei Ennismore, spricht mit uns über die Evolution der Reise- und Hospitalitybranche, die Bedeutung von authentischem Erleben und warum Social Media in der Hotellerie mehr Chance als Herausforderung ist. In unserem Interview verrät er, welche Trends in Design, Service und Marketing die Zukunft prägen werden und wie Ennismore Gäste von Reisenden zu Markenbotschaftern macht. Ein inspirierender Einblick in die Welt der modernen Hospitality – lesenswert für alle, die die Hotellerie von morgen gestalten wollen!

 

Bruno Marti, EVP of Brand Marketing ‑ 25hours und SO/

Brandcraft: Social Media hat die Art, wie Gäste mit Hotelmarken interagieren und diese bewerben, revolutioniert. Wie sehen Sie diesen Wandel in der Hospitality und für Ennismore, beziehungsweise die Marken, die Sie betreuen?

Bruno Marti: Die Hospitality ist eine verhältnismäßig altmodische Branche. Margen sind relativ klein, Investitionszyklen ziemlich lang und dadurch der Innovationswille vielleicht etwas gebremst. Im Falle von Social Media waren wir aber für einmal anderen Branchen voraus. Der Tourismus, die Hotellerie und die Gastronomie waren die ersten Dienstleistungsbereiche, in denen es normal wurde, Bewertungen abzugeben und direkt mit den Kunden in den Austausch zu gehen – lange bevor wir von Community Management sprachen. Die älteren unter den Leser*innen mögen sich an Foursquare oder Facebook Places erinnern. Was ich damit sagen möchte: Für die Hospitality gab es keine riesige Social Media Revolution sondern eine recht langsame Evolution mit wechselnden Kanälen. Reisen war schon immer abhängig von der Mund-zu-Mund-Propaganda, ob diese über eine Postkarte oder einen Insta-Post passiert, spielt eigentlich keine Rolle. Und, wir haben Glück, Reisen ist fast immer positiv behaftet, lässt sich gut bildlich darstellen und ist mit Erlebnissen oder Exotik verbunden, deshalb gibt es aus meiner Sicht für unsere Branche fast nur Positives in der Entwicklung von Social Media.

Brandcraft: Welche Veränderungen erwarten Sie im internationalen Hospitality Marketing und wie bereitet sich Ennismore darauf vor, die sich ändernden Ansprüche moderner Reisender zu erfüllen?

Bruno Marti: In der Hotellerie ist ein gutes Produkt immer noch die beste Werbung. Oder anders rum: Das beste Marketing hilft bei einem mittelmäßigen Produkt nicht weiter. Viele unserer Marketingaktivitäten beziehen sich deshalb direkt auf die Dienstleistung. Was kann man verbessern im Erlebnis? Wo hat die Guest Journey noch Lücken und wo kann ich vor Ort noch zusätzlichen Erlebnischarakter schaffen? In der eigentlichen Vermarktung liegt uns viel daran, dem Gast die Vorteile von Direktbuchung zu vermitteln. Dadurch haben wir einen direkteren Kontakt zum Gast und eine bessere Chance den Aufenthalt zu individualisieren.

“Der einigermaßen bereiste Gast ist immun gegenüber klassischem Marketing und wir leben nicht nur in der Zeit der gläsernen Kunden, sondern auch der gläsernen Produkte...“

Brandcraft: Wie prägen Design und Architektur den Charakter einer Hotelmarke und wo sehen Sie die Trends der kommenden Jahre?

Bruno Marti: Puh, das ist eine große Frage. In den Anfängen der modernen Hotellerie – also vor gut 100 Jahren – war die Architektur sicher Stilbildend. Die ersten Grandhotels entstanden und waren eben: Grand. Ich bin nun erst seit 25 Jahren in der Branche und das war die große Zeit des Designs. Zuerst waren es Produktdesigner und Designmöbel, die das Hotelerlebnis geprägt haben, dann kamen die Interior Designer, die ganzheitliche Konzepte gestalten. Im Moment sehen wir, dass die Kulisse in den Hintergrund rückt. Der Service und das Erlebnis sind ganz klar zu den stärkeren USPs geworden. Und je nach Hotel-Typus, aber auf jeden Fall für die Lifestyle-Hotellerie: Je individueller desto besser.

25h Paper Island, Kopenhagen

Brandcraft: Vom Gast zum treuen Fan und Markenbotschafter – wie gelingt das? Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Schritte, um echte, nachhaltige Verbindungen zu Gästen aufzubauen?

Bruno Marti: Man muss authentisch sein. Klingt abgedroschen, ist aber so. Der einigermaßen bereiste Gast ist immun gegenüber klassischem Marketing und wir leben nicht nur in der Zeit der gläsernen Kunden, sondern auch der gläsernen Produkte. Besonders in einem People’s Business wie der Hospitality wird die Verbindung zum Gast an der Basis, im Hotel, gemacht. Markenkommunikation ist zweitrangig.

 

Brandcraft: Welche „big trends“ sehen Sie, die die Hotellerie in den nächsten fünf Jahren prägen werden? In welchen Bereichen könnte Ennismore durch Zukäufe oder auch neue Eigenmarken spannende Wachstumspotenziale erschließen?

Bruno Marti: Drei Buchstaben, E-S-G. Es hat eine Weile gedauert, aber so langsam nehmen auch Hoteliers die Nachhaltigkeit ernst. Und die Kunden sind zunehmend bereit etwas mehr dafür zu bezahlen. Ich stelle fest, dass ich heute deutlich mehr Zeit mit sozialen und ökologischen Themen beschäftigt bin, als zu Beginn meiner Karriere. Und das ist gut so. Wo sich Ennismore erweitern kann, ist schwer zu sagen und hängt von den Opportunitäten in einem überschaubaren Markt ab. 2024 konnte der Zukauf von Our Habitas kommuniziert werden, ein sehr zeitgemäßes Produkt, das Luxus für die Seele verspricht. Die Entwicklung von Eigenmarken ist grundsätzlich möglich, aber nicht die Priorität, würde ich sagen. Ennismore steht für Marken mit organischer Gründergeschichte.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

Mehr Infos zu Ennismore finden Sie auf www.ennismore.com

Die 25hours Hotels und die SO/ Hotels & Resorts sind Teil von Ennismore, einem in Kultur und kreativem Netzwerk verwurzelten Hospitality-Unternehmen. Das globale Kollektiv ist von Gründerpersönlichkeiten geprägt und beinhaltet Marken, bei denen zeitgemäße Gastfreundschaft im Mittelpunkt steht. Ennismore ist ein Joint-Venture mit Accor.

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