Interview-Serie “5 Fragen an…”
Georg Roske entdeckte früh seine Leidenschaft für Architektur und Design, bevor er sich ganz der Fotografie widmete. Heute zählt er zu den gefragtesten Hotel- und Interior-Fotografen und arbeitet für internationale Hospitality-Marken wie den Scorpios Club, Capella oder Patina Hotels. Mit einem besonderen Gespür für Licht, Materialität und Atmosphäre fängt er nicht nur Räume, sondern auch die Identität eines Ortes ein. Im Interview spricht er über die Kunst des Storytellings in der Fotografie, aktuelle Trends und die wichtigsten Faktoren für ein herausragendes Hotelfoto.
Brandcraft: Herr Roske, Sie haben bereits viele namhafte Hotels fotografiert. Was zeichnet eine herausragende Hotelaufnahme aus?
Georg Roske: Eine gelungene Hotelaufnahme zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Materialität und den Spirit des Ortes im perfekten Licht einfängt. Ein sogenannter „Money Shot“ oder „Key Visual“ ist meist die Aufnahme des beeindruckendsten Bereichs des Hotels – oft eine Drohnenaufnahme des Pools oder des Haupthauses in einer besonderen Lichtstimmung. Viele Hotels haben eine markante Architektur, die im Kontrast zu ihrer Umgebung steht – einige sind in Felsen gehauen, andere ragen aus der Wüste empor.
Besonders ansprechend finde ich eine Hotelaufnahme, wenn sie einen einzigartigen Moment des Hauses einfängt – einen, an den man sich gern erinnert und der den Eindruck erweckt, als würde er nie wieder genauso geschehen. Fotografien bewahren diese Emotionen, die besondere Architektur und machen bestimmte Orte unsterblich. Das zeichnet eine herausragende Hotelaufnahme aus.
Brandcraft: Jedes Hotel hat eine eigene Geschichte. Wie kann Fotografie dazu beitragen, diese Story visuell greifbar zu machen?
Georg Roske: Man sollte sich unbedingt mit der Geschichte des Ortes, der Kultur der Umgebung und dem Service auseinandersetzen. Wenn alle drei Aspekte stimmig vermittelt werden, entfaltet die Fotografie ihre volle Wirkung. Eine gelungene Fotostory erzählt alle relevanten Details bis in die kleinste Nuance. Werden diese Momente geschickt aneinandergereiht, entsteht eine greifbare und sympathische Erzählung, die den Betrachter emotional mitnimmt.
Der Spirit eines Ortes wird oft durch seine Umgebung geprägt, von den Mitarbeitenden weitergetragen und schließlich durch Marketingkampagnen in die Welt transportiert. Er zeigt sich in kleinen Details – in der Architektur, im Interieur, in der Art, wie Gäste empfangen werden. Wenn dieser Schnittpunkt authentisch und zugleich einladend wirkt, entstehen neue Geschichten, die es wert sind, erzählt zu werden. Gute Hotelaufnahmen fangen genau diese Essenz ein und machen sie visuell erlebbar.
“Der größte Trend – und zugleich eine große Herausforderung – besteht darin, das richtige Storytelling für jedes Hotel zu finden, insbesondere für Social Media.“
Brandcraft: Hotels nutzen Bilder auf ihrer Website, für Printprodukte und in Social Media. Wie unterscheiden sich die Anforderungen an Bildstil und -komposition für diese Kanäle?
Georg Roske: Die meisten Agenturen und Marketing-Experten unterscheiden zwischen „Sales“- und „Editorial“-Aufnahmen. Erstere sind meist informative Bilder – oft Totaleinstellungen, die möglichst viel zeigen und dem Betrachter einen umfassenden Überblick verschaffen. Unter „Editorial“ versteht man hingegen ästhetische, stimmungsvollere Aufnahmen, die oft aus Halbtotalen bestehen und durch eine gezielte Komposition eine besondere Atmosphäre schaffen.
Diese Art der Fotografie erfordert ein geschultes Auge und ein tiefes Verständnis für Design – nicht jeder Fotografin beherrscht sie. Gerade für höherpreisige Hotels und Architekten sind solche Aufnahmen von großem Wert, da sie Klasse vermitteln und die gestalterische Raffinesse eines Ortes unterstreichen. Ich selbst mache als Fotograf nur selten Videos, arbeite jedoch eng mit DOPs zusammen, da auch das bewegte Bild eine zentrale Rolle beim Erzählen einer Geschichte spielt. Besonders in digitalen Kampagnen sorgt die Kombination aus Fotografie und Film für eine starke visuelle Identität und nachhaltige Wirkung.
Georg Roske für das Hotel Epi (Südfrankreich)
Brandcraft: Welche aktuellen Trends beobachten Sie in der Hotel- und Interiorfotografie?
Georg Roske: Es gibt eine Vielzahl von Trends in der Fotografie und Videografie, die sich sowohl im Inhalt als auch in den Effekten unterscheiden. Bestimmte visuelle Stile sprechen ein jüngeres Publikum an, während spezifische Geschichten gezielt unterschiedliche Gästetypen ansprechen. Der größte Trend – und zugleich eine große Herausforderung – besteht darin, das richtige Storytelling für jedes Hotel zu finden, insbesondere für Social Media. Viele meiner Kunden legen daher großen Wert darauf und entwickeln unterschiedliche Ansätze, um ihre Gäste anzusprechen.
Dies ist eine großartige Gelegenheit, weil es zahlreiche Geschichten bietet, um einen Ort zu erzählen – gleichzeitig aber auch eine Herausforderung, immer wieder neue Ideen zu entwickeln. Für mich bleibt es besonders spannend, zu sehen, wie sehr sich ein Hotel kulturellen Aspekten öffnet und wie stark es sich mit der regionalen Küche identifiziert und diese in seine Angebote integriert. Natürlich spielt auch die Designsprache eine entscheidende Rolle – welche Möbel passen zur Architektur und wie harmonieren unterschiedliche Materialien miteinander? Grundsätzlich ist die Hospitality-Welt eine faszinierende Spielwiese für Fotograf*innen wie mich, die sich nie auf ein bevorzugtes Genre festlegen konnten. Hier treffen wirklich alle Genres aufeinander, und ich freue mich jedes Mal darauf, mich selbst in neuen Facetten wiederzufinden! Hochwertige Fotografie wird immer ein Trend bleiben, gegen den selbst KI nichts ausrichten kann – aber das ist ein anderes, spannendes Thema.
Brandcraft: Haben Sie einen praktischen Tipp für Hoteliers, die ihre Fotografie auf das nächste Level bringen wollen?
Georg Roske: Aus fotografischer Sicht sollte man darauf setzen, den Ort im besten Licht zu präsentieren. Damit meine ich, auf CGI zu verzichten, keine stark aufgeblitzten Weitwinkelaufnahmen zu machen, sondern echte Tageslichtaufnahmen zu wählen, die das Zusammenspiel von Licht und Schatten im Raum zeigen. Wenn es besondere Lichtinstallationen oder faszinierende Lichtspiele gibt, können diese natürlich ebenfalls integriert werden.
Zudem ist ein starkes Bewusstsein für den jeweiligen Ort entscheidend. Manche Orte erfordern eine ruhige, ausgewogene Komposition, die dem Goldenen Schnitt entspricht, während andere wiederum von kräftigen Farben und dynamischen Schnitten leben. Solche Details offenbaren eine authentische Schönheit und fangen die Essenz des Ortes in seiner vollen Echtheit ein. Diese Fotografie ist nicht nur eine Momentaufnahme, sondern eine visuelle Interpretation, die den Charakter des Ortes widerspiegelt und dem Betrachter ein tiefes Gefühl für dessen Atmosphäre vermittelt. Gerade diese Authentizität ist es, die einen Ort wirklich unvergesslich macht.