Interview-Serie “5 Fragen an…”
Was macht ein Hotel wirklich einzigartig und unvergesslich? Robert Kittel von Pretty Hotels hat eine klare Antwort: Es sind die authentischen Geschichten, die es erzählt, die mutigen Ideen neuer Hotelgenerationen und die Fähigkeit, jenseits von Trends eine klare Identität zu schaffen. In unserem Interview sprechen wir über die Kunst der Brand Identity, den Einfluss von Storytelling und die Balance zwischen kreativen Innovationen und zeitlosen Designansätzen. Entdecken Sie inspirierende Einblicke, die die Hotellerie der kommenden Jahre nachhaltig prägen werden.
Brandcraft: Pretty Hotels ist bekannt dafür, besondere Hotels mit einer starken Identität und individueller Positionierung zu präsentieren. Was sind für Sie die wichtigsten Elemente, die eine starke Brand-Identity für ein Hotel ausmachen, und wie können Hoteliers dies effektiv umsetzen?
Robert Kittel: Es ist mir – und meistens auch dem Gast – lieber, wenn der Hotelier Zeichnungen von seinen Kindern im Eingang aufhängt, statt Werke eines gerade angesagten Künstlers, der mit dem Hotel nichts zu tun hat. Brand Identity bedeutet ja Identität: Es sollte einen echten Bezug geben zu dem, was man sich vorne auf die Visitenkarte schreibt. Authentizität ist entscheidend. Natürlich gibt es auch Hotels in unserem Portfolio, deren USP die Kunst ist. In diesen Fällen erwarte ich dann grandiose Kunstwerke am Empfang, die den Stil und die Geschichte des Hauses unterstreichen. Entscheidend ist immer, dass die Identität des Hotels klar und stimmig vermittelt wird – sei es durch Design, Kunst oder persönliche Akzente.
Brandcraft: Die neue Generation von Hoteliers bringt frischen Wind in die Branche. Welche Eigenschaften zeichnen Ihrer Meinung nach diese neue Welle von Hotelbetreibern aus?
Robert Kittel: Etwa 50 Prozent unserer Hoteliers sind Quereinsteiger. Das ist einerseits gut, weil sie Hospitality aus der Sicht des Gastes sehen und auch solche Ideen, was ihnen im Urlaub gefallen hat, in ihren Häusern umsetzen. Die Honesty Bar zum Beispiel ist eine gute Sache, weil man für ein Getränk nicht immer einen Kellner suchen muss. Zwei neue Mitgliedshäuser in Tramin und Lermoos erlauben sogar, dass man die riesige Küche als Gast nutzen darf. Funktioniert bisher sehr gut. Die anderen, die Vollbluthoteliers in der 6. Generation sind da vielleicht nicht so kreativ, haben aber ihren Laden im Griff. Die wissen, wie man ein Hotel-Restaurant führen muss, damit es auch wirtschaftlich erfolgreich ist und sie sind auch nicht so naiv und denken, dass neue Mitarbeiter vor dem Haus stehen und sagen: Ich möchte bitte bei Ihnen ein 6-monatiges Praktikum als Kellner machen.
“Am Abend geht man in einem lokalen Restaurant dinieren. Sizilien unplugged. Wenn das ein Resort-Hotel versucht, geht das meistens schief...“
Brandcraft: Storytelling ist zu einem zentralen Bestandteil moderner Markenkommunikation geworden. Welche Bedeutung hat das Erzählen von Geschichten – sei es über die Gründer, das Hotelkonzept oder die Umgebung – für die Attraktivität eines Hotels?
Robert Kittel: Wenn es eine gute Story gibt, sollte man sie definitiv erzählen. Neu ist, dass Hotels ihre Geschichten heute direkt über eigene Kanäle wie Website, Social Media, Newsletter oder sogar eine Inhouse-Zeitung veröffentlichen können, ohne dafür einen Journalisten wochenlang einladen zu müssen. Diese Eigenveröffentlichungen geben den Hotels volle Kontrolle über ihre Inhalte und ermöglichen eine direkte Ansprache der Zielgruppe. Danach kann man natürlich immer noch entscheiden, ob man eine klassische Veröffentlichung in einer Zeitung anstrebt oder mit Influencern zusammenarbeitet, die Geschichten visuell und emotional aufbereiten. Storytelling ist ja nichts neues, sondern eine sympathische Art, den Gästen etwas über das Haus und seine Werte zu erzählen. Wir haben ein Apartmenthaus dabei, das Rosso im Allgäu, das den Gästen mitteilt, was es alles nicht gibt. Keine Tiefgarage, kein Frühstücksbuffet, nicht mal einen Fernseher gibt’s. Super!
Brandcraft: Welche Design-Trends sind aus Ihrer Sicht besonders spannend und warum? Gibt es Stilrichtungen oder Innovationen, die Ihrer Meinung nach zukünftig besonders wichtig sein werden?
Robert Kittel: Trends sind grundsätzlich immer problematisch in der Hotellerie, da man nach wenigen Jahren erneut umbauen müsste, weil der Trend verflogen ist. Genauso problematisch ist es, wenn Hotels so gestaltet werden, dass sie vielen anderen stark ähneln. Das sieht man aktuell sehr oft – beispielsweise haben Mallorca, Mykonos und Tirol in ihrer Architektur und Einrichtung noch nie so viele Gemeinsamkeiten gehabt wie heute. Ich finde, ein Hotel muss immer zur Umgebung passen, denn erst dadurch entsteht Authentizität und ein unverwechselbares Erlebnis für den Gast. Wichtig ist auch, dass sich Design nicht nur an Ästhetik orientiert, sondern funktional bleibt und den Komfort der Gäste steigert. Ein gutes Hoteldesign erzählt eine Geschichte, die mit der Umgebung, der Kultur und den Werten des Hauses verbunden ist – und das ist zeitlos.
Brandcraft: Was zeichnet für Sie ein Hotel aus, das über die reine Übernachtung hinausgeht und seinen Gästen ein Erlebnis mit bleibendem Eindruck bietet? Wie kann Design, Service oder eine besondere Atmosphäre dabei eine Rolle spielen?
Robert Kittel: Wir haben ein Mitgliedshaus in Sizilien, das Palazzo Previtera in Linguaglossa am Fuße des Ätna. Von außen sieht es nicht sehr spektakulär aus, aber innen denkt man: Ok, ich bin wirklich in Sizilien! Mintgrüne Wände, bemalter Stuck an der Decke und ein großer Garten mit vielen umherstreunenden Katzen. Das Hotel bucht für den Gast dann einen Ausflug auf den Ätna, am besten zu Fuß mit einem sizilianischen Guide, der sehr im besten Fall ganz schlechtes englisch spricht. Und am Abend geht man in einem lokalen Restaurant dinieren. Sizilien unplugged. Wenn das ein Resort-Hotel versucht, geht das meistens schief und man fühlt sich ein wenig wie in Disneyland. Ich kann aber gar nicht genau sagen, warum das so ist.